Als sekundäre Pflanzenstoffe bezeichnen wir die Farb- und Duftstoffe sowie die Aromastoffe in Pflanzen. Die Natur hat sich etwas dabei gedacht, Pflanzen kunterbunt und lecker duftend (oder stinkend) zu gestalten: Diese Stoffe erfüllen wichtige Aufgaben wie die Abwehr von Schädlingen und das Anlocken von Insekten. Komplett erforscht sind diese Stoffe nicht. Aber es gibt Hinweise, dass sie vor Erkrankungen schützen können und möglicherweise gegen Erreger wirksam sind.
Sekundäre Pflanzenstoffe einfach erklärt
Sekundäre Pflanzenstoffe werden manchmal auch als Sekundärmetaboliten bezeichnet oder als Phytochemikalien. Im naturheilkundlichen Umfeld kennt man sie unter der Bezeichnung Phytamine. Es handelt sich um eine Gruppe chemischer Verbindungen, die die Pflanze erst einmal nicht zum Überleben braucht – die aber dennoch wichtige Aufgaben erfüllen. Wir unterteilen diese sekundären Pflanzenstoffe in Gruppen. Eine Gruppe besteht aus den phenolischen Verbindungen, dazu gehören die einfachen Phenol, aber auch Polyphenole und Xanthone, Phenylpropanoide und Stilbene sowie Glykoside. Zu den isoprenoiden Verbindungen zählen dagegen Terpene und Steroide sowie Carotinoide und Speicherlipide. Alkaloide sind die dritte Gruppe. Dazu gehören unter anderem Koffein und Nikotin. Aminosäuren wie Alliin und Canavanin bilden eine weitere Gruppe.
Nun hilft uns die Einteilung in Gruppen beim Verständnis erst einmal nicht weiter. Wozu braucht die Pflanze sekundäre Pflanzenstoffe? Einige Funktionen der Stoffe verstehen wir inzwischen ganz gut:
– Ididoide und Cannabinoide wehren Pathogene (Schadstoffe) ab.
– Herbivoren (Pflanzenschädlinge) werden von Tannieren, Iridoiden, Alkaloiden, Cannabinoiden und Cardenoliden abgewehrt.
– Carotinoide und Flavonoide schützen vor UV-Strathlung und Starklicht.
– Monoterpene locken Bestäuben und Samenverbreiter an.
Sekundäre Pflanzenstoffe sind auch für Menschen wichtig
Frisches Obst und frisches Gemüse tragen zum Erhalt der Gesundheit bei. Soviel ist klar. Unklar ist, welche Rolle genau die sekundären Pflanzenstoffe dabei spielen. Dass sie eine wichtige Rolle spielen, ist unbestritten. Wir vermuten, dass etwa 10.000 von den geschätzt existierenden 100.000 sekundären Pflanzenstoffen in der menschlichen Nahrung wichtig sind. Einige davon werden sogar medizinisch genutzt:
– Reserpin in Rauwolfia serpentina und Polyphenole in Granatapfel senken den Blutdruck.
– Herglykoside wie Cardenolide aus Digitalis purpurea und Digitalis lanata werden in der Therapie der Herzinsuffizienz genutzt.
– Sulfide in Knoblauch verringern Thromben.
– Phytin in Getreide senkt den Blutzuckerspiegel.
– Polyphenole in Gewürzen fördern die Verdauung.
– Die Phenolsäuren von Früchten haben antimikrobielle Wirkungen.
– Saponine aus Hülsenfrüchten und Hafer sowie die Flavonoide aus fast allen Pflanzen hemmen Entzündungen.
– Phyosterine und Saponine können Cholesterin senken.
– Carotinoide in grünblättrigen Gemüsen sowie Proteaseinhibitoren aus Kartoffeln, Nüssen, Getreiden und Hülsenfrüchten können die Krebsentstehung hemmen. Auch Granatapfel-Polyphenole und Ellagitannine, Crosmin und andere sekundäre Pflanzenstoffe sollen diese Wirkung zeigen.
– Flavonoide und Liponsäure sind antioxidativ.
– Phytohormone und Phytoöstrogene zeigen Östrogene Wirkungen.
Allerdings sind einige sekundäre Pflanzenstoffe wie beispielsweise Nikotin für den Menschen giftig. Andere sind in höheren Dosierungen giftig, wie beispielsweise die Alkaloide des Schlafmohns, Morphin, Coden und die Diterpenoide verschiedener Eibenarten. Sekundäre Pflanzenstoffe sind noch nicht hinreichend erforscht. Allerdings verspricht man sich einen hohen medizinischen Nutzen von diesen chemischen Verbindungen.
Sekundäre Pflanzenstoffe in der täglichen Ernährung
Wenn eine Ernährung empfohlen wird, die auf pflanzlichen, möglichst wenig verarbeiteten Lebensmittel basiert, hat das einen Grund. Denn sekundäre Pflanzenstoffe sind in Gemüse und Obst, in Kartoffeln und Kräutern, Hülsenfrüchten und Gewürzen sowie Nüssen und in Vollkornprodukten enthalten. Und zwar enthält ein pflanzliches Lebensmittel immer sehr viele verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe in jeweils eher niedriger Dosierung. Diesem Verbund an Pflanzenstoffen, also der natürlichen Kombination, werden gesundheitsfördernde Eigenschaften nachgesagt.
Wichtig zu wissen: In höherer Dosierung können isolierte Pflanzenstoffe immer eine Genitive Wirkung entfalten. Deshalb sollte man unbedingt die Verzehrempfehlungen beachten. Und wie bei allen Nahrungsergänzungsmitteln kann es zu Wechselwirkungen mit Medikamenten kommen.
Was bewirken sekundäre Pflanzenstoffe?
Die genauen Wirkungen von sekundären Pflanzenstoffen ist in vielen Fällen noch nicht eindeutig belegt. Allerdings konnten in Tierversuchen und in Laborversuchen einige Wirkungen festgestellt werden. Bitte beachten: Nicht alle Erkenntnisse lassen sich einfach so auf den Menschen übertragen! Alle im folgenden beschriebenen Phänomene beruhen auf angenommenen Wirkungen und auf Assoziationen. Die Forschungslage gibt einfach noch nicht mehr her.
Flavonoide
Flavonoide sind in Äpfeln und Birnen enthalten, kommen in Trauben und Kirschen vor sowie in Pflaumen und Beerenobst. Auch Zwiebeln, Grünkohl, Auberginen und Soja enthalten diese Stoffe, die als rote, hellgelbe, blaue und violette Farbstoffe in den Pflanzen auftreten. Mögliche Gesundheitseffekte sind:
– antioxidativ
– antithrombotisch
– entzündungshemmend
– immunmodulierend
– blutdrucksenkend
– antibiotisch
Phenolsäuren
Phenolsäuren nehmen wir mit Kaffee und Tee, über Vollkornprodukte und Weißwein, aber auch über Nüsse zu uns. Vermutlich wirken die Phenolsäuren antioxidativ, weshalb sie mit einem verringerten Risiko für bestimmte Krebsarten in Verbindung gebracht werden.
Carotinoide
Die typischen gelben, orangen und roten Farbstoffe aus Karotten und Tomaten, Paprika und einigen grünen Gemüsen wie Spinat und Grünkohl, aus Kürbis und Melonen sowie Aprikosen haben in Tier- und Laborersuchen antioxidative und entzündungshemmende sowie immunmodulierende Wirkungen gezeigt. Deshalb werden sie möglicherweise mit einem verringerten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und altersbedingten Augenkrankheiten, vielleicht auch einer Senkung des Krebsrisikos in Verbindung gebracht.
Phyotöstrogene
Die Pflanzenhormone ähneln in ihrer chemischen Struktur dem weiblichen Sexualhormon Östrogen und kommen in Getreiden und Hülsenfrüchten, aber auch in Leinsamen vor. Vermutlich wirken sie antioxidativ und immunmodulierend. Nahrungsergänzungsmittel mit Phytoöstrogenen versprechen eine verbesserte Blutgefäßfunktion und einen verbesserten Blutdruck. In der Wissenschaft vermutet man, dass sie vor Krebs- und Herz-Kreislauferkrankungen schützen können und möglicherweise positiv auf Knochendichte und klimaterische Beschwerden wirken könnten.
Glucosinolate
Glucosinolate kommen in allen Kohlsorten vor, sind aus Rettich und Radieschen sowie Kresse und Senf bekannt. Auch diese sekundären Pflanzenstoffe zeigten im Labor bereits antioxidative und immunmodulierende Wirkungen und werden deshalb möglicherweise mit einem verringerten Risiko für einige Krebsarten in Verbindung gebracht.
Sulfide
Sulfide kennen wir als Duft- und Aromastoffe aus Zwiebeln und Lauch, aus Knoblauch und Schnittlauch. Laborstudien deuten auf diese Wirkungen hin:
– antibiotisch und antioxidativ
– antithrombotisch
– blutdrucksenkend und cholesterolsenkend
Deshalb bringt man auch Sulfide mit einem möglicherweise verringerten Risiko für einige Krebskrankheiten in Zusammenhang.
Monoterpene
Monoterpene sind in Minze und Zitronen sowie in Kümmel enthalten. Viel ist über diese sekundären Pflanzenstoffe noch nicht bekannt, aber Studien aus dem Labor deuten darauf hin, dass sie cholesterolsenkend und antikanzerogen wirken könnten.
Saponine
Saponine sind als Bitterstoffe in Hülsenfrüchten und Soja, in Spargel und Lakritze enthalten. Waschen wir Hülsenfrüchte vor dem Kochen, sehen wir das auch: In Wasser lösen sie sich und bilden Schaum. Saponine zeigten im Labor und in Tierversuchen antikanzerogene und antibiotische sowie teilweise antifungale Wirkungen.
Phytosterole
Die als Membranbaustoff in Nüssen und Pflanzensamen sowie in Hülsenfrüchten enthaltene Phytosterole sind vermutlich cholesterolsenkend. Ihre chemische Struktur ähnelt Cholesterin, weshalb angenommen wird, dass Phytosterole die Cholesterolkonzentration im Blut senken. Forscher bringen diese sekundären Pflanzenstoffe derzeit mit Herz-Kreislauf-Krankheiten in Verbindung.
Es gibt noch zahlreiche weitere sekundäre Pflanzenstoffe, deren Wirkungen auf den menschlichen Organismus jedoch auch noch nicht abschließend erforscht sind. Fest steht aber, dass eine pflanzenbasierte Ernährung Erkrankungen vorbeugen kann. Sekundäre Pflanzenstoffe bergen noch zahlreiche, bislang unbekannte medizinische Möglichkeiten. Und als Nahrungsergänzungsmittel können sie zu einem gesunden Leben beitragen.